ESSEN

Hält den halben Tag vor: Full british Breakfast

Will man in England gut essen, sollte man dreimal täglich frühstücken. Sagte W. Somerset Maugham. Und der musste es ja wissen. Das ist aber heute natürlich kompletter Blödsinn, kaum eine Stadt dürfte kulinarisch so vielseitig sein wie London. Aber die Einzigartigkeit eines "Full British Breakfast" gibt es trotzdem. Würstchen, gebackene weisse Bohnen, Spiegelei, Bitterorangenmarmelade, Toast ... ein samstäglicher Selbstversuch eines männlichen Individuums.

Not British at all:
Karamelisierte Apfelspalten

Gestartet hat der Versuch schon am Abend zuvor - gebackene Bohnen brauchen Zeit. Bohnen einweichen, vorkochen. Mit Tomaten aus der Dose, Zuckerrübensirup, Speckschwarte, Senf, Essig und Worcestersauce vermischen und stundenlang zugedeckt im Ofen backen. Bei 140° habe ich gute 4 Stunden 'baken' lassen. Und immer kontrolliert ob genug Flüssigkeit drin ist. Im Ofen abkühlen lassen. Am nächsten Morgen einfach den Ofen wieder an, bei 100° warm werden lassen. Ich habe in der Zwischenzeit ein paar rohe Bratwürste auf dem Markt geholt und in die Pfanne damit. Raus aus der Pfanne und auf den Bohnen warmhalten. Ein paar Strauchtomaten und 4 Apfelspalten ( nicht typisch british - 'but who fuckin' cares??) in der Pfanne mit Butter, Zucker, Salz karamellisieren. Toast in den Apparat. Kaffee, Orangensaft auf'n Tisch. Äpfel, Tomaten raus aus der Pfanne, warmhalten ( aber nicht auf den Bohnen, ist kein Platz mehr). Frische Butter in die Pfanne, zwei Spiegeleier machen. Und jetzt alles schön auf einen Teller. Bohnen, Bratwurst, Spiegelei, Apfelspalten, Tomaten. Da das Auge mitisst noch büschen Petersüllje obendrauf. Aufs Toast kommt die selbstgemachte Bitterorangenmarmelade (Steht auch hier im Blog) Dazu empfehle ich als Lektüre die taz ( gutes Veh-Interview) und auf die Ohren meine Spotify Playlist "Hamburch - was'n sonst. Hamburch - was'n sonst
Absolutes Muss: Bitterorangenmarmelade



Ach der Wolfram Siebeck, der hat ja so recht ... 

Pomeranzen(gekocht) Vierteln, ausdampfen, auskratzen

(Foyer des Arts)

Orangenmarmelade gehört zu einem anständigen Frühstück. Dummerweise ist wirklich gute Marmelade dieser Art nur schwer zu bekommen. Bleibt als Alternative also nur: Selber kochen. Also Pomeranzen - auch Bitterorangen genannt - besorgen und loslegen. Für einen geübten Obstverarbeiter sollte das eigentlich kein Problem darstellen. Eigentlich. Denn auch mit Siebeck'scher Anleitung bleibt es ein schönes Stück Arbeit.



Pomeranzen im Wasserbad

Erst mal kochen. Die Pomeranzen. Sie kommen im Verhältnis 10:1:1 mit Zitronen und Grapefruit in den Topf. Mit Wasser. Weichkochen. Sieht drollig aus wenn die Früchte einfallen, muss aber sein. Etwa genau soviel Süßorangen wie Pomeranzen ( hängt von der Größe beider ab ) auspressen.
Auch noch eine Grapefruit und Zitrone dazu pressen. Ausgehend von 10 Pomeranzen sollte es etwa ein knapper Liter Fruchtsaft (Orange,Grapefruit, Zitrone) sein. Die gekochten Pomeranzen abgiessen und abkühlen lassen. Das ist wirklich wichtig - es sei denn man hat ein Faible für verbrühte Finger. Das Innere der Früchte ist irre heiss - und muss sorgfältig ausgekratzt werden. Also die Früchte (auch Grapefruit und Zitrone) vierteln, ausdampfen lassen und möglichst gründlich auskratzen. Dabei versuchen die Schale nicht zu zerreissen. Den gesamten Schlonz der dabei anfällt in einen ausreichend großen Topf geben. Und mit reichlich Wasser auskochen. Und immer wieder rühren. Das Schlonz-Wasser-Gemisch brennt wahnsinnig schnell an! Aus diesem Schlonz kommen die Bitterkeit für den Geschmack und das notwendige Pektin um die Marmelade fest werden zu lassen. 
Format: 2 cm x 1 mm
Saft, Zucker, Schalen, Schlonz
In der Zwischenzeit ( haha! ) die Schalen kleinschneiden. Und klein heisst in diesem Fall: KLEIN! Im Idealfall sind die Schalenstückchen 2 cm lang und 1 -2 Millimeter breit. Nach einer guten Stunde sollte das Schlonz-Wasser-Gemisch ausgekocht sein. Absieben und abtropfen lassen. Nicht mit dem Kochlöffel nachhelfen. Die Flüssigkeit sollte möglichst klar sein. Davon zwei Becher ( ca. 0,4 l ) abnehmen. Jetzt muss gewogen werden. Der Süßorangensaft, der ausgekochte Schlonzsaft und die Schalen. Das dürften jetzt knapp 2 Kilo sein. Je nach Größe der Orangen. Mit Saft oder Schlonzsaft auffüllen bis 2 Kilo erreicht sind. Mit derselben Menge Zucker auffüllen. Ob Raffinade oder Rohrzucker verwendet wird ist eher eine Frage des Geschmacks und der Optik. Mit Rohrzucker wird das Endergebnis ein wenig braun. Ich nehme aus Raffinade Zucker. Die gesamte Chose gründlich durchrühren, der Zucker sollte sich gleichmäßig verteilt haben und im Idealfall schon beginnen aufzulösen. Deckel drauf. Stehen lassen. Kalt stehen lassen. 24 Stunden. Am nächsten Tag aufkochen. Und mindestens 20 Minuten sprudelnd kochen lassen. Den Schaum dabei immer wieder abschöpfen. (Kann man kalt auch schon auf Brot streichen). Je nach Menge Pektin die im Schlonzsaft enthalten war kann das Einkochen auch bis zu 30 Minuten dauern. Am Besten einfach mal die Gelierprobe machen ( Kalter Teller ). Dann die Marmelade abfüllen ( wie bei jeder anderen Marmelade auch ). Und die Gläser ein paar Tage stehen lassen bevor das morgendliche Toast damit bestrichen wird. Dabei an Herrn Siebeck denken, der dieses Rezept im Original verfasst hat. 




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