NEIGUNGSGUPPE BESSER TRINKEN: HACKE, HAINDLING, AUSTERN, LOOOS UND ICH


Große Weine haben häufig auch große Geschichten, die Besitzverhältnisse der Gemäuer, die Macken der Weinmacher, Schicksalsschläge und Durchtriebenheit, eigentlich gibt es im Reich der Weine nichts, was es nicht gibt. Schön, dass es auch weniger bekannte Weine schaffen, eine abwechslungsreiche Geschichte im Gepäck zu haben. Man muss nur seinen Gedanken freien Lauf lassen.


Um die Geschichte hinter dem Looos 2017 zu erfahren, sollte man tunlichst mit den dahinter steckenden Herren Manfred Klimek und Björn Grebner Kontakt aufnehmen. Sie haben den Wein als Projekt der Neigungsgruppe ‚Besser trinken’ auf Flasche gebracht. Es ist wohl nicht der erste Wein, bei dem Kollege Klimek seine Finger im Spiel hat, auch ein Grüner Veltliner mit Namen ‚Looos‘ ist mir in den diversen digitalen Kommunikationskanälen verschiedentlich über den Weg gelaufen. Grebner, von Beruf Winzer auf dem Patrizierhof im fränkischen Großlangheim, schickte mir eine Flasche des Weins. Ich fragte nicht weiter nach, die Basisisinformationen ‚Klimek, Grebner, Rotwein, kalt trinken‘ reichten mir völlig. Denn die Aufforderung, den Wein unbedingt richtig kalt zu trinken, setzte in meinem Kopf eine Assoziationswelle in Gang, für Nachfragen blieb da kein Raum mehr. 

Versuchsanordnung in Memoriam Gurnöbach:
Kalter Roter, Austern und Vinaigrette

Ich habe eine Zeitlang in Reichertshausen gewohnt, genauer im zum Dorf gehörenden Weiler ‚Gurnöbach‘. Das untere Stockwerk eines alten Wirtshauses bot ausreichend Platz für Küche und Keller, mithin den rechten Raum für meine kulinarischen Neigungen. Vor mir wohnte Axel Hacke in den Räumen, der Autor zeigte bei der Wohnungsbesichtigung voller Stolz seine Wiking-Modellautosammlung, wie auch den berühmten Kühlschrank ‚Bosch‘, mit dem Hacke ganze Nächte durchdiskutierte. Vor ihm wohnte in der Wohnung ein Großteil der Musiker der in Bayern wohlbekannten Musikgruppe ‚Haindling‘. In Summe, eine illustre Vormieterschaft über die Jahre. Das obere Stockwerk wurde von Pierre - Kameramann beim Bayerischen Fernsehen-, seiner Frau Claudia - Kaffeehaus-Tochter aus Wien - und der gemeinsamen Tochter Sophie bewohnt. Eines sonnigen Frühsommertages rief Pierre aus der Bretagne an, er hatte dort einen Film gedreht und wolle am nächsten Tag zurück nach München, bzw. Gurnöbach kommen. Austern, frisch aus dem Atlantik könne er natürlich mitbringen, in der Früh am Hafen würde er sie kaufen, um am Abend im Garten von Gurnöbach selbige gemeinsam verzehren. Guter Plan, mir oblag die Beschaffung von Brot und Wein. Beim damaligen Weinhändler meines Vertrauens mit Namen Jacques, ein Franzose, besorgte ich auf Anraten desselben ein paar Flaschen Saumur Blanc, er gab mir auch noch eine Flasche roten Saumur mit, das sei - gut gekühlt - das einzig Wahre zu Austern, so seine Expertise, wenn eine rotweinbasierte Vinaigrette zum Einsatz käme. Da Pierre davon sprach pro Person zwei Dutzend Austern mitzubringen, stand der Gedanke, eine Variante zur bekannten Zitrone als Dressing für die Edelmuscheln zum Einsatz zu bringen, ohnehin im Raum. Also: Kalter Roter, Vinaigrette, Auster. 

Bis der Balcerowiak platzt: Vinaigrette zur Auster passt.

Und jetzt kommt der Bogen zum Wein der Herren Klimek und Grebner. Denn die dringende Anweisung den Wein kalt zu probieren, wurde mir mit auf den Weg gegeben. Und da schoss mir das beschriebene Austerngelage zu Gurnöbach in den Sinn. Der Looos wurde also pflichtschuldigst eingekühlt, auf dem Viktualienmarkt die begleitenden Breton-Austern gekauft. Was soll ich sagen - spontane Eingebungen sind einfach die Besten. Perfekt, füreinander geschaffen, eine nie gekannte Harmonie - Wein und Austern suchten und fanden sich. Vor allem weil der Wein so perfekt passte. Das hatte in Struktur und Aromatik durchaus Ähnlichkeiten mit Cabernet Franc, der Rebsorte die im roten Saumur zu finden ist. Und vor Ort ‚Breton‘ genannt wird. Welch Zufall, dass es auch Austern gleichen Namens gibt. Oder kein Zufall? Und passen deswegen roter Saumur und Austern … hier beginnen Spekulationen ins Kraut zu schiessen, weshalb der Gedankengang beendet wird.

Flasche leer, Auster leer. Bitte Meer!
Keine Ahnung, ob bei der Entstehung des Looos eine ähnliche Austerngeschichte wie die meine Pate stand, oder doch nur der Wunsch, einen auch im Sommer trinkbaren Rotwein zu kreieren. Der gekühlt nicht mit harten Tanninen den Mund malträtiert, sondern saftig, frisch, trinkfreudig, jedwede kulinarische Begleitung verträgt. Der ohne plumpe Rotfruchtigkeit unkompliziert zu trinken ist, der den Zecher, dank 11° Alkohol, auch die zweite Flasche ohne Ausfälle überstehen lässt. Flasche leer. Austern leer, beides muss baldmöglichst wieder besorgt werden. Ach ja, irgendwie muss ich Pierres aktuelle Telefonnummer herausfinden, die Haindling CD raussuchen, das letzte SZ Magazin mit der Axel Hacke Rubrik lesen und überhaupt. Und ein paar Flaschen Looos besorgen muss ich auch noch, man weiß ja nie, wer auf eine Handvoll Austern vorbeischaut. 


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