AN DIE WÜRSTE, FERTIG - PROST!


Das meinereiner eine gewisse Affinität zur Wurst hat, dürfte hinlänglich bekannt sein. Und ich glaube ohne Überheblichkeit sagen zu können, ein wenig kenne ich mich in der Causa aus. Dennoch kann Horizonterweiterung nie schaden, das Angebot an einem Seminar «Wurst & Wein» teilzunehmen, kam daher gerade recht. An die Würste, fertig - Prost! 

Bernhard Meßmer betreibt in München seit  Oktober 2003 seine „einfach geniessen“ Genussschule, ist also seit ziemlich genau 15 Jahren, vor allem als Weinschule, am Start. Das Thema Wein liegt Bernhard im sprichwörtlichen Blut, dass VDP-Weingut Meßmer wird von seinen älteren Geschwistern betrieben, als der Jüngste musste er schauen wo er bleibt. Seine Pfälzer Wurzeln kann und will Bernhard gar nicht verheimlichen, getreu dem Pfälzer Lebensmotto „Was braucht es zum Leben? Ein Stück Brot, ein Stück Woschd und ein Stück Woi!“  bringt er Wein und Wurst in einem Seminar zusammen. 


Dann los. Zum Start wurde ein Grauburgunder aus dem Familienhaus eingeschenkt. Ihm zur Seite ein gekochter Schinken. Zwei relativ gemütliche Produkte, die nett zueinander sind. Man lässt sich im Mund relativ in Ruhe. Erstaunlich die Empfindungen am Tisch, die eine Hälfte empfand den Wein als ‚milder‘, die andere spürte deutlicher die Säure. Dazu passend der Merkspruch des Abends: Säure und Tannin lieben Salz und Fett. Und das abhängig von der Menge. Also viel hilft viel, wenn eine Wurst sehr salzig ist, darf der Wein auch gerne etwas mehr Säure haben. Oder eben auch umgekehrt, wie bei gekochten Schinken und Grauburgunder.



Dann kam der erste Silvaner. Und wie um die Einheit des Freistaat Bayern zu dokumentieren, wurde eine originale, echte, unverfälschte Münchner Weißwurst dazu gereicht. Selbstverständlich begleitet vom obligaten süssen Senf. Was im realen Leben mindestens die Abspaltung der nördlichen - also fränkischen - Landesteile zur Folge haben dürfte, wenn bekannt würde, dass statt eines Weißbieres ein trockener Weißwein zum blassen Nationalheiligtum gereicht wurde. Aber ähnlich wie sich Bayern und Franken ja gerne necken, im Prinzip aber gut miteinander auskommen, zeigten auch Silvaner und Weißwurst ein harmonisches Miteinander. Im Gegenteil - die Zwei passten zueinander wie nur was, das war so gut, dass ich mich fürderhin dafür einsetzen werde, diese Kombination bei öffentlichen Anlässen zu servieren! 



Es wurde international, es kam Salami. Und natürlich servierte Bernhard schäumenden Lambrusco dazu. Der wurde in der Runde allerdings nicht goutiert, obwohl er nach meiner unmaßgeblichen Meinung perfekt dazu passte. Fasst noch besser war allerdings der «Or Ange», ein Orange Wein von Marc Kreydenweiß. Die Gerbstoffe des Weins und das Fett der Salami sind halt ein Liebespaar. Haben wir ja auch am Anfang des Seminars gelernt. 
Zurück in deutschen Wurstkesseln. Blutwurst und Lemberger suchten und fanden sich, nicht zuletzt weil sie, die Wurst, leicht geräuchert war und einen ungewöhnlich hohen Magerfleischanteil aufwies. Armin Rohde, der Ahle Wurst Papst, steuerte diese überaus delikate Wurst bei. Dass der Lemberger mit seiner fruchtig-unaufdringlichen Art in dieser Kombination die zweite Geige spielte, leuchtet ein. Aber wie im echten Leben ist es auch bei Wurst und Wein - mal gibt der Eine den Ton an, mal der Andere. 



Mit fröhlicher Internationalität ging es weiter, zum Champagner kam die Leberwurst. Auch hier wieder die Fett-Säure Balance im Mittelpunkt, ein Highlight aus meiner Sicht. beide Elemente gewannen an aromatischer Intensität, ganz natürlich waren Säure (Champagner) und Fett (Wurst) füreinander bestimmt. Alles kein Thema, denn sonst „ … geht ja auch die Guige (= Saure Gurke) dazu … „ wie mein oberfränkisches Tischgegenüber so treffend anmerkte. 



To make a long story short: Das zum Nebbiolo der Parmaschinken seine Stärken ausspielen konnte, überraschte nur aufgrund der inneritalienischen Piemont - Emilia-Romagna Gegnerschaft. Etwas fordernder wurde es in der Kombination Gewürztraminer und Chorizo, die unter der Tischgemeinschaft kontrovers diskutiert wurde. Ende gut, alles gut, dann beim abschließenden Rivesaltes zur Wildterrine. Gereifter Süßwein und herbe Wildaromen - ach ja, bald ist Weihnachten und derlei Genüsse werden auch wieder meinen Tisch bereichern.




Was vergessen? Eigentlich nicht, außer, dass es enorm kurzweilig und interessant war. Überraschende Kombinationen, vor allem Weine, die ich nicht erwartet hätte. Und ein bißchen was gelernt habe ich auch. Also Champagner sollte man DEFINITIV viel häufiger zum Leberwurstbrot reichen … 

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