SZ GOURMET TALK: SCHÖN WAR ES AUCH


Eines gleich mal vorneweg, weil sich das im weiteren Verlauf des Textes unter Umständen nicht wirklich erschliessen wird: Ich mag die SZ. Seit ich in München lebe  - und das schon seit deutlich mehr als 30 Jahren - begleitet mich diese Zeitung, viele ihrer Autoren sind mir ans Herz gewachsen, sie gehört für mich zu dieser Stadt wie der Flaucher oder die Augustiner Bräustuben. Oder das Granteln.


Aber nur weil ich die SZ als Zeitung mag, muss ich ja nicht alles mögen, was der SZ-Verlag nebenher so treibt. Da sind die uninspirierten Weine, die es im SZ-Shop zu kaufen gibt, nur ein Beispiel. Denn im Prinzip widmet sich die SZ dem Thema Genuss, in all seinen kulinarischen Spielarten, durchaus intensiv und mit profundem Wissen. Das gipfelt einmal im Jahr im sogenannten „SZ Gourmet Talk“ der „SZ Gourmet Edition“. 

Sieht im Prinzip gut aus: Das Menu.


Zelebriert wird dieser Abend für Geniesser in der Kantine des Hauses, werktäglich ein Ort der schnellen Mittagsversorgung, für diesen Abend herausgeputzt mit frisch gestärkten Tischdecken und sorgsam gefalteten Servietten, ebenfalls aus Stoff. Und wie mir der geschätzte Kollege Franz Kotteder - der als Moderator durch den Abend führte - vorab glaubhaft versicherte, ist auch das anlässlich des Ereignisses auf diesen Linnen servierte Essen nicht alltäglich, oder präziser, werktäglich. Er muss es wissen, schließlich arbeitet er für die SZ und zeichnet für die kulinarische Berichterstattung in und um München verantwortlich. Und weiss, was gut ist. Und was nicht. 

Nur für Durchblicker: Die Weinfolge


Um aus dem Abend einen wirklichen Gourmet Talk zu machen, brauchte es natürlich noch ein paar illustre Gäste mit knackigen Statements. Etwa die Autorin Ursula Heinzelmann, sie forderte einen selbstbewussteren Umgang mit der deutschen Küche; die Kochlegende Hans Haas attestierte dem Food-Trend ‚Brutal lokal‘ dass er ein alter Hut ist; Robert Haller, vom Weingut Bürgerspital zum Hl. Geist, bescheinigte dem nicht unumstrittenen neuen Bocksbeutel ein kantiges Äusseres und der Tre Torri Verleger Ralf Frenzel stellte erst einmal klar, das Genussbücher aus seinem Haus handwerkliche Höchstleistungen verlangen. Gehobenes Gourmetgeplauder halt. 

Soichnass? Furztrocke!: Wildbratwurst mit Gefolge


Etwas aus diesem gediegenen Rahmen fiel leider das gereichte Menü. Waren die Weine noch von untadeliger Qualität - und deutlich origineller als die schon bemängelten Weine im SZ-Shop - zeigten die Gerichte doch Schwächen. Warum in einem Viergang Menü, ohne erkenntlichen Grund in zwei Gerichten Wild die Hauptrolle spielt - der Hinweis von Verleger Ralf Frenzel, wie ernährungsphysiologisch wertvoll Wildfleisch sei, wird hier nicht als akzeptabler Grund gewertet - konnte weder inhaltlich noch geschmacklich nachvollzogen werden. Zumal die Komposition Wildbratwurst mit sauren Linsen auf Spätzle, obwohl geschmacklich durchaus interessant, frei nach dem ehemaligen Stuttgarter OB Manfred Rommel,‚furztrocken’ geriet. Die zweite Wildvariation war eine Wildfrikadelle, was ja im Prinzip auch nicht anderes als eine Wurst ist, nur ohne Darm. Dafür, dass sei der Ordnung halber vermerkt, wurde der wilde Bratklops immerhin sach- und fachgerecht mit Speck umwickelt. 

Beerendienst: Rote Grütze im November

Und Rote Grütze, bekanntermaßen aus frischen roten Beerenfrüchten zubereitet, ist Mitte November auch kein wirklich saisonaler oder gar brutal lokaler Gaumenkitzel. Das auf Weisswein ein Rotwein folgte und darauf wieder ein Weisswein erschloss sich nicht nur mir, nicht auf Anhieb. Auch nicht nach intensiven Überlegungen. Aber nett war es trotzdem, beim Gourmet Talk der SZ in der Kantine. Gehen ich nächstes Jahr wieder hin, wenn ich denn wiederum eingeladen werde. Schließlich mag ich ja die Zeitung. Um mein Eingangsstatement nochmals zu unterstreichen. 

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