HOW HIGH THE MUN


Häufig bleibt von einem Restaurantbesuch* ein ganz spezieller Eindruck im Gedächtnis haften. Ein Geschmack, ein Geruch - oder vielleicht auch nur die auffällige Tapete. Nach dem Besuch im ‚Mun‘ ist mir eine kleine Karaffe, fast eine Phiole, sehr präsent. Vor allem wegen ihres Inhalts: Sojasauce. Aber eine, wie ich sie nie zuvor geniessen durfte. Reines Umami, vollkommener Geschmack. Ich gestehe: Ich habe sie pur getrunken, aus der Karaffe. 


Eines kann man Mun Kim, dem Koch der dem Restaurant seinen Namen gibt, ganz sicher nicht vorwerfen: Das er einen langweiligen Lebenslauf hätte. Vor 48 Jahren in Südkorea geboren, wanderten seine Eltern mit ihm nach Honolulu/ Hawaii aus. Nach Schule und Ausbildung wurde Mun Banker in Los Angeles und an der Wall Street. Bis zur sogenannten Finanzkrise, die bei ihm eine veritable Sinnkrise auslöste. Er kündigte den Job und nahm den Kochlöffel in die Hand. Die Prägung durch die Mutter, die auch mal einen ganzen Tag lang an einer Brühe zu kochen pflegte, war zu stark. Er ging in die Lehre bei einem Sushimeister, eine harte Schule: "Im ersten Jahr habe ich nur Reis gekocht, nichts anderes!“ Dabei blieb es zum Glück nicht, Mun durfte sich auch an Nigiri, Maki und Gunkanmaki Sushi versuchen. 

Honolulu-New York-Buenos Aires-München: Mun Kim

Nach Abschluss der Lehre kam er durch Zufall nach Buenos Aires und blieb im wahrsten Sinne hängen. Seine asiatisch-amerikanische Fusionsküche kam bei den Südamerikaner erstaunlich gut an, seine ‚Casa Mun' war ziemlich schnell kein Geheimtipp mehr. Aus der argentinischen Weinregion Mendoza kam das Angebot das Restaurant des Weinguts zu leiten; von dort lockte ihn der Münchner Internetpionier Eric Dolatre (gmx.de) nach München. Das war 2015. 
Heute steht Mun - auch mit der Hilfe seiner Unterstützer - in seinem eigenen Lokal in München-Haidhausen. 50 Plätze hat das Restaurant, 20 kommen nochmal an der Bar dazu.Im Restaurant serviert Mun seine ganz eigene All-Asian-American Küche. Es gibt zwei Vier-Gang- und zwei Sechs-Gang-Menüs zu 58 bzw. 88 Euro. Zwei der Menüs verzichten auf Fleisch, glänzen dafür mit Fisch. Was wörtlich zu nehmen ist. 


Nigiri Sushi: Tuna // Lachs // Kingfisch // Aal

Es fängt mit der überragenden Qualität der Meeresprodukte an. Thunfisch, Kingfish und Lachs sind von selten gekannter Frische und Intensität, Mun versteht durch minimalste Eingriffe das Eigenaroma deutlich herauszuarbeiten. Beispiel Nigiri Sushi:  Auf dem Lachs sorgen wenige geröstete Sesamkörner für eine Intensivierung der nussigen Aromen des Fisches, der Aal ist wirklich gegrillt und schmeckt einfach klar, kräftig und rauchig nach: Aal. Wichtig ist dabei auch die Reihenfolge, in der die kunstvollen Happen gegessen werden: Erst Thunfisch, dann Lachs, Kingfish und zum Schluss der Aal. Das baut sich auf der Zunge und am Gaumen langsam auf, wird zunehmend intensiver und kraftvoller. Ein wirkliches Highlight. Ungewöhnlich auch, dass dieselben Fische im Menü mehrfach auftauchen. 

Sashimi vom Kingfisch

Auch als Sashimi - also Variante ohne Reis - glänzen die Meeresbewohner. Und schmecken vor allem durch die angesprochene - und nachgelieferte - Sojasauce spürbar anders als in der Sushi Variante. Der Thunfisch wurde auch noch als Tartar gereicht - mit Avocado und pointierter Schärfe eine weitere Variation. Seine Kingcrab wurde als Rolle gereicht, umhüllt nicht von Nori (Seetang) sondern einer Sojamilchhaut. Ich lege mich vielleicht aus dem Fenster - aber bei rohem Fisch kocht Mun in München ganz vorne mit! 

Tuna Tartar mit Avocado

Fleisch hat in Argentinien gelernt, aber auch hier geht er seinen eigenen Weg. Kombiniert wurde das perfekt gebratene Stück Rind mit Kressesalat und einer speziellen Form der Ssäm, der koreanischen Würzsauce. Sie besteht vor allem aus Misopaste, Chilipaste, Essig und Öl. In welchem Mischungsverhältnis und was sonst noch drin ist, verrät Mun verständlicherweise nicht. Die Ssäm war auch als einzige Würze für das Fleisch gedacht, es kam ungewürzt auf den Teller. 

Steak // Kresse // Ssäm

Ungewöhnlich, aber in sich stimmig. Allerdings ist hochwertiges, gegrilltes Fleisch in der Münchner Gastronomie keine Besonderheit mehr, der ‚WOW‘-Effekt wie beim Fisch blieb doch ein wenig aus. Der stellte sich allerdings beim Dessert wieder ein. Die Yuzu Panna Cotta mit Himbeeren und Crumble war genau das leichte und erfrischende Finale, das man nach dem Fischopening erhofft hatte.  




*Anm.: Zum Testessen in Mun’s Restaurant wurde ich eingeladen. 




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