BURGUNDERRUNDE: WEISSER NUITS ST. GEORGES FÜR ALLE!


Mein lieber Freund Johannes pflegt eine geradezu abgöttische Liebe zur reichen und in jeder Hinsicht üppigen, kulinarischen Tradition des Burgund. Kaum ein Rezept aus dem reichen Fundus dieser Region, daß er noch nicht auf den häuslichen Tisch gebracht hätte. Da ich mich - wie erwähnt - zu seinen Freunden zählen darf, komme ich immer wieder in den Genuss seiner opulenten Burgund-Exkursionen in Küche und Keller. Betonung auf: Keller!


Das bißchen Foie Gras zur Eröffnung lasse ich einfach mal beiseite, auch der Chardonnay Classic von Brun aus dem Beaujolais, war ordentlich, frisch und ausreichend körperreich. Aber mehr auch nicht. Interessant wurde es aber mit dem ersten ‚richtigen‘ Burgunder. Überaus interessant sogar, denn mal unter uns: Wer hat schon mal einen Nuits-Saint-Georges „Clos de la Maréchale“ in Weiss im Glas gehabt? Jahrgang 2007, von Jacques-Frédéric Mugnier. Ein wirklich ungewöhnlicher Wein, der von Minute zu Minute im Glas jünger und frischer wurde. War er zu Beginn etwas verschlossen, mit deutlichen Nussnoten und einem Hauch Petrol, startete er nach 15 Minuten richtig durch. Frische Grapefruit, festes mineralisches Gerüst, überraschende Länge. Sogar eine zarte Cremigkeit kam mit Wärme und Sauerstoff in den seltenen Tropfen. Aber bevor man sich vollends in den Wein verliebte, war er leider schon - ausgetrunken. Groß. Genau wie das getrüffelte Wachtelei, das auf einem Rahmspinat gebettet dem Nuits-St.-Georges Folge leistete.




Zwischengang: Jacques-Frederic Mugnier, Chambolle-Musigny (Villages) 2004: Jahrgangsbedingt ist das Tannin präsent und leicht grün. Ist eben ein einfacher Pinot aus einem für Rotweine aus Burgund schwierigem Jahr. Zart in der Nase, Graphit, ätherisch, was auch das Interessanteste an dem Wein ist. Etwas spitz in der Säure, auch ein wenig wässrig am Gaumen, kurzer Abgang. Die Mittrinker brachten noch das Thema Flaschenvarianz ins Gespräch. Denn eigentlich müsste bei dem Produzenten trotz des Jahrgangs mehr zu holen sein. Was bei anderen Flaschen wohl auch der Fall ist. Denn dieser Wein wird von Minute zu Minute kürzer. Und nach längerer Belüftung kommt noch etwas Malzbonbon und Liebstöckel in den Geruchskanon dazu. 


Es folgt ein Doppel, wie ein weiterer Teilnehmer anmerkte: „Musigny- die Quintessenz des Burgund!“ Gleicher Jahrgang (1999), (fast) gleiche Lage, gemeinsam serviert - natürlich in getrennten Gläsern: Domaine Bruno Clavelier, Chambolle-Musigny 1er Cru " La Combe d’Orveaux" und Jacques-Frederic Mugnier, Musigny Grand Cru. Grand Cru vs. Premier Cru. Wenn man bedenkt, das ein Teil des Combe d’Orveaux 1984 dem Musigny zugeschlagen wurde, ist der Vergleich noch spannender. Faszinierend sind vor allem die farblichen Unterschiede. Der Clavelier zeigt ein eher trübes Rot, der Mugnier Musigny ist strahlend klar. Er zeigt nach Belüftung in der Nase Schwarztee, dazu ein Hauch von Bret, Leder, viel Würze. Das klingt vordergründiger als es ist, der Wein zeigt sich geradezu verspielt, hat Tiefe und Länge. Das Tannin ist fein, elegant. Er es ist einfach der geschmeidigere Wein im Vergleich zum Clavelier, wirkt durch die brillante Optik aber deutlich mehr geschönt oder gefiltert, das Rot ist  einfach so viel strahlender als beim Clavelier. Und der "La Combe d’Orveaux“? Das Rot ist etwas trüb, der Wein strenger, kräftig maskuliner gebaut, hat etwas trockenes Tannin. Sehr straight, er kommt über die Kraft, weniger über das Spiel. Und trotzdem - ich wüsste nicht, welcher der Beiden mir lieber wäre. Beide haben ihre unbestrittenen Vorzüge, ist wohl mehr eine Frage des Augenblicks, wann welcher Wein passender ist. Beide Weine wirken noch kraftvoll und jung, haben Potential für mindestens noch 10 - 15 Jahre. 










Ein wenig schwer hatte es der letzte Rote des Abends. Jean Grivot, Nuits St. Georges 1998 „Les Boudots“. Er war schon seit 5 Stunden geöffnet und im Vergleich zu Musigny und La Combe d’Orveaux ein wenig im Hintertreffen. Er war auf dem Reifeplateau angekommen, da waren schon deutliche Brauntöne am Rand zu sehen. Die Reife zeigte sich auch in der Nase. Gekochtes Obst, auch eine leichte Firne war spürbar, auch Liebstöckel, insgesamt etwas medizinal. Aber: Nuits-Saint-Georges ist eine der kräftigeren burgundischen Appellationen, hinten raus hatte der Wein doch noch Frische, die Säure lässt ihn leben.  Am Jahrgang - 1998 gilt als einer der Besseren - kann es nicht liegen, dass der Wein etwas leblos wirkte. Auch hier wieder die Frage nach der Flaschenvarianz. Oder der Lagerung - die Flasche wurde bei einer Versteigerung erworben. Egal - Spass gemacht hat der Wein trotzdem. Und leer wurde die Flasche auch …


Kleiner Nachtrag: Gar nicht burgundisch, aber ungemein faszinierend war der Fontanel Rivesaltes Ambré 1998. Den gab es zum Mokkamuffin mit Nuss-Karamell Topping. Perfekt match, die Kaffeenoten des Weines fanden sich im Muffin, Karamell und Nuss war auch in beiden vorhanden. Sensationell - und wieder mal stellte ich mir die Frage, warum anspruchsvolle Süssweine in Deutschland so ein Schattendasein führen. Aber das ist eine ganz andere Geschichte ...


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