RESTAURANT N°15: ZURÜCK AN DIE BASIS


Das Erwartbare ist Programm: Das fängt schon beim Namen an. Die Namensgebung des N°15 in der Neureuther Strasse 15 ist nicht wirklich innovativ oder überraschend - aber solide. Und genauso arbeitet das Team auch auf dem Teller und am Gast. Keine Überraschungen - aber verdammt gute Produkte und sehr gekonntes Handwerk. Es folgt eine Hommage an verloren geglaubte Tugenden in der Sternegastronomie. Die es ganz offenbar geben muss. 


Die Französische Küche ist in München immer noch stiefmütterlich vertreten. Als nördlichste Stadt Italiens lieben wir die Küche vom Stiefel. Eine Küche, die das Produkt und nicht den Zubereitungsprozess in den Fokus stellt. Im Gegensatz zur französischen Küche, bei der vor allem die gekonnte Zubereitung - ergo der Koch oder die Köchin - im Mittelpunkt steht. Interessant wird es, wenn ein französischer Koch genau diese italienische Konzentration auf das Produkt übernimmt und in klassische französische Kochkunst einbindet. 




Es beginnt beim Gruß aus der Küche - ein Stück gebackener Kürbis, Sesamsaat, ein Klacks Paprika Crème fraîche. Mehr nicht. Muss auch nicht. Der Kürbis war zart, intensiv nussig im Geschmack, die Crème fraîche ein kühl-fruchtiger Counterpart. Die perfekte Einstimmung für das Menü und eine klare Ansage. Kein Chi-Chi, kein Teller-Ikebana. 
Das N°15 setzt konsequent auf zwei klar definierte Säulen: Produkt und Handwerk. Diese vermeintliche Reduktion ist bei den immer aufwändiger gestalteten Tellern in der Spitzengastronomie ein mutiger Schritt. Maximal drei Produkte auf dem Teller, mehr braucht der gebürtige Bretone Michel Dupuis nicht für seine Kreationen. Denen er auf Basis grundsolider französischer Kochtradition genau den kleinen Tick Originalität mit auf den Weg zum Gast gibt, der gehobene von Spitzengastronomie unterscheidet.



Die Vorspeise ist ein präzises Beispiel dafür. Auf dem Teller ein Bild von einer Foie Gras, genauer ein Parfait de Foie Gras de Canard. Schlicht in der Optik, reduziert auf das Wesentliche. Auf einer massiven Scheibe von mindestens 100 Gramm lag eine hauchdünne Scheibe Rote Bete- Brombeere Gelee, begleitet von einer Spur Quatre Epices. Die Foie Gras war schlicht und einfach: Perfekt. Zart schmelzende Konsistenz, dennoch fest im Schnitt. Nicht ein Blutgefäß oder Äderchen zu sehen oder zu spüren. Superb. Die Quatre Epices, ein dezenter Hinweis auf die Zubereitung - denn diese Gewürzmischung darf an einer Foie Gras nicht fehlen - sowie das Gelee als süss-saurer Kontrapunkt, daran zeigt sich das Handwerk Dupuis' exemplarisch. Nicht ganz mithalten konnte in diesem Kontext die Weinbegleitung. Witwe Thanisch 2010 Kabinett hatte etwas zu wenig Süsse und etwas zuviel Säure. Aber das trübte den Gesamteindruck überhaupt nicht. 




Ein weiteres Beispiel für die Klasse des N°15: Der Hauptgang. Rehrücken, Kartoffelpüree, Dattel mit Salzzitrone. Perfekt das Fleisch, geradezu tröstlich das Püree, überraschend die Dattel. In Kombination - ein perfektes Spiel von Aromen und Texturen. Schöner Nebenaspekt: Die Portion war so dimensioniert, daß auch ein ausgewachsener Esser davon satt werden konnte. Die Weinbegleitung zu diesem Gang war ein Domaine de L'Hortus Grande Cuvée 2000 aus der Magnum. Ein schon etwas trübes Rot im Glas, aber eine herrliche Reifenase. Sandelholz meets Minze mit frischen Kirschen. Frische Säure, Mittellang.  Zum Rehrücken - perfekt. 

Aber kaum war der erste Michelin-Stern an das N°15 vergeben, tauchten die Sternefresser und mäkelten an angeblichen fantasielosem Essen, simplen Arrangements und  - wahrscheinlich - fehlenden Flechten und Moosen auf dem Teller herum. Leute - Ihr habt es echt nicht verstanden! Das N°15 bringt die Kochkunst wieder an zurück zu ihren Wurzeln, verbindet  seriöses Handwerk mit exzellenter Produktqualität zu genussfreundlichen Preisen. Und das ist wirklich aller Ehren wert! 



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