SOULFOOD DIE ZWEITE: KRABBENPULEN IN MONATEN MIT 'R'



Winter Soulfood ist das Blogevent Thema von Bushcooks Kitchen. Ist in diesem Jahr irgendwie nicht ganz einfach umzusetzen. Weil Winter war ja nicht so, da draussen. Aber vielleicht kommen wir mit dem 'R' weiter. In Monaten mit 'R' - die ja überwiegend in der kalten Jahreszeit liegen - darf man/frau nämlich Krabben essen. Ähnlich wie Muscheln. Und da der März ein 'R' im Namen hat - hier kommt Oma Annis Krabbensosse. 


Meine Oma Anni war ja, wie dem geneigten Leser dieses Blog bekannt, nicht die grösste Küchenfee des Planeten. Ihr Gulasch brauchte dringend eine kleine Renovierung, über Grossen Hans und Mehlbüddel sprechen wir irgendwann einmal. Heute will ich mich einem Klassiker ihrer Küche widmen, der es wirklich verdient hat in die Hall of Fame der Küchenklassik aufgenommen zu werden. Und der aus meiner Sicht so was von 100% Soulfood ist ... nichts bringt den Geschmack und das Gefühl meiner Kindheit besser zurück, als diese mehr als simple Sosse. 


Das einzige Problem ist, dass die wichtigste Zutat - die Krabben, oder auch Granat wie sie wohl in Büsum genannt werden - mittlerweile schwer zu bekommen sind. Vor allem im ungepulten Zustand. Und das Krabbenpulen ist ganz wesentlicher Bestandteil des Vergnügens. Wie wir als Kinder mit ungelenken Finger versucht haben, das bißchen Krabbenfleisch aus den Schalen zu lösen, dabei fast immer den zarten Körper zerrissen haben und fummelig die verbliebenen Reste aus den Schalen gepult haben. Vor allem Tante Ane aus Husum, war uns ein nie zu erreichendes Vorbild in Sachen Pulgeschwindigkeit und Akkuratesse. Denn nichts war schlimmer, als Schalenreste in der Sosse. 





Krabbensoße à la Oma Anni ist eigentlich ganz simpel. Krabben pulen, Petersilie hacken, Kartoffeln schälen und kochen, weiße Bechamelsoße machen. Krabben, Petersilie und Bechamel mischen, über die Kartoffeln kippen - essen. So weit so einfach.
Jetzt das Komplizierte. Krabben - oder auch Granat wenn sie aus der Nähe von Büsum stammen - sind wie gesagt, heute kaum noch ungepult zu bekommen. Üblicherweise werden die kleinen Dinger in der Nordsee gefangen, abgekocht und nach Nordafrika gekarrt. Ebendort von fleißigen Niedriglohnarbeiterinnen aus ihren Panzern geschält und per LKW zurück verfrachtet. Natürlich nicht ohne vorher mit irgendwelchen chemischen oder sonstigen Mitteln haltbar gemacht zu werden. Ist natürlich völlig unhaltbar, sowas. Aus meiner slow foodigen Sicht. Aber das würde jetzt mal wieder zu weit führen. 





Also Krabben pulen. Das beruhigt. Und nur wenn es gar nicht anders geht, auf die bereits entkleideten Tierchen zurückgreifen. Rund 150 Gramm reines Krabbenfleisch sollten es pro Person sein. Zu den wirklich wichtigen Tipps: Bei der Petersilie auf die krause Variante zurückgreifen. Ich finde, sie passt im Geschmack besser zu diesem norddeutschen Gericht. Die Petersilie von den Stielen zupfen und fein hacken, dann zum Krabbenfleisch in eine Schüssel geben. Vielleicht 2 Spritzer Zitrone darüber.  

Jetzt wie bekannt eine Béchamel machen: Kleine Zwiebel, feingeschnitten, glasig dünsten in reichlich(!) Butter, Mehl dazu, durchrühren, nach und nach mit Milch aufgiessen und gut durchkochen lassen. Mit Salz, Pfeffer, Muskat würzen. Solange kochen bis eine leicht sämige Konsistenz erreicht ist. Und kein Gewürz oder noch schlimmer -MEHL- durchschmeckt. Ein Hauch Zitronensaft kann auch hier nicht schaden. Das in der Zwischenzeit die Kartoffeln geschält, gekocht, abgegossen und ausgedampft sind, ist ja wohl eh klar. So. Und jetzt der weltwichtigste, ultimative und wirklich alles entscheidende Punkt: 


NIEMALS DIE KRABBEN IN DEN TOPF MIT DER BECHAMEL! 





Ich weiss nicht warum, aber wenn die Krabben in den Topf mit der Bechamel kommen, schmeckt die Soße angebrannt. Da muss irgendwas chemisches passieren, dass ich nicht verstehe. Ich hab in meinen kochenden Anfangsjahren genau diesen Fehler gemacht. Und mich immer gewundert warum Oma Annis Soße soviel besser war. Bis Oma das Geheimnis der Reihenfolge gelöst hat. Seitdem schmeckt meine Soße wie ihre. Nachdem das geklärt ist, die Krabben mit der Bechamel vermischen und umgehend über die Kartoffeln damit. Ich gebe zu, das ist nicht der Gipfel der kulinarischen Raffinesse. Wer aber einmal davon gegessen hat, wird süchtig. Ich höre üblicherweise erst dann auf zu essen, wenn die Schüssel mit der Soße alle ist. Bauchweh hin oder her - Krabbensoße bleibt nie übrig. Das ist Oma Annis Gesetz. 






Das ist mein zweiter Beitrag für das Blogevent "Winter-Soulfood" von Bushcooks Kitchen!



3 Jahre Bushcooks Kitchen - Blog-Event Winter-Soulfood

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