HEIMATGENUSS IN MÜNCHEN

Heimat auf dem Teller: Gebeizte Lachsforelle
auf geröstetem Bauernbrot mit Kresse
Für fast 10 Jahre war Oberfranken meine Heimat. Was mich immer an diesem Landstrich fasziniert hat, war das eklatante Missverhältnis von kulinarischer Tradition und dem kommunizierten Stolz darauf. Jede kulinarische Entdeckung die ich für mich machte, wurde mit einem " ...sooch hold wos ..." kommentiert. Das ist zwar sympathisches Understatement - im lauten Wettbewerb um öffentliche Aufmerksamkeit für Tourismus und Entwicklung aber eher hinderlich. Schön, dass mit Alexander Schütz ein Könner seines Fachs nach München kam, um den Hauptstädtern mal was vorzukochen. Ein Kochevent mit bodenständigem Flair.

Wie ein Baum aus dem Frankenwald: Alexander Schütz
Die Liste seiner Stationen ist durchaus beeindruckend. Alexander Schütz kochte unter anderem bei Lafer auf der Stromburg, bei Wohlfahrt in der Traube Tonbach, erkochte sich einen Michelin Stern und 17 Punkten im Gault Millau. So einer kann eigentlich in allen großen Häusern anheuern, die Grand Hotels der Bundeshauptstadt dürften ihm den roten Teppich ausrollen. Hat Alexander Schütz aber nicht gereizt. Er ist 2010 in den Frankenwald zurückgegangen, genauer nach Wartenfels. Und man tritt ihm gewiss nicht zu nahe wenn man ergänzt - wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Dort kocht er heute eine moderne Regionalküche. Heimische Produkte, vorwiegend saisonal, häufig biologisch. Daraus entstehen keine gewagten Molekularpetitessen sondern reelle Gerichte. Die Lachsforelle war leicht und frisch, erhielt durch das geröstete Bauernbrot aber genau das Mundgefühl um nach mehr zu verlangen. Zarter Fisch, knuspriges Brot - simpel, aber effektiv.
Leichtes Sonntagsessen: Kurzgebratene Roulade
auf Kräuterkartoffelpürree und zweierlei Pilzen
Ähnliches lässt sich über die kurzgebratene Roulade sagen. In Oberfranken ist das gerollte Fleisch zusammen mit den omnipräsenten Klössen ein klassisches Sonntagsessen. Bei Alexander Schütz wird feinste Rinderlende plattiert, gewürzt und mit Mangold, Karotte, und Gurke gerollt und in Speck gewickelt. Also im Prinzip ganz ähnliche Zutaten wie beim Klassiker. Das Ergebnis ist aber deutlich leichter, selbst der dazu gereichte Kräuterkartoffelstampf konnte keinen "Ich-muss-mich-jetzt-aber-sofort-hinlegen" Reflex erzeugen. Das ist natürlich nicht die nächste Kochrevolutiuon. Aber es ist erstklassiges Handwerk mit hohem Wohlfühlfaktor. Und mit Mut zum Risiko. Denn solcherlei Kochkunst ist im Oberfränkischen nicht immer ganz leicht an den Kunden zu bringen. Aber jetzt sind ja 'wir' Oberbayern angefixt vom Heimatgenuss aus der Provinz. Ein Besuch im Frankenwald wird ernsthaft ins Betracht gezogen. Sind ja nur zweieinhalb Stunden von München ...
Glücklich: Tellerschubser mit Püree

P.S.: Alexander Schütz hat im Eigenverlag ein sehr persönliches und ausgezeichnet fotografiertes Buch herausgebracht. "Heimatgenuss" heisst es und lohnt die Anschaffung. Die Fotos von Mathias Neubauer sind erstklassig, die Rezepte ein wunderbarer Mix aus Tradition und Moderne. 

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