LA BOHÈME: JAKOBSMUSCHEL AN BAUCONTAINER



Das La Bohème ist noch ziemlich neu in Münchens Gastroszene, Schwabing Nord ist als Stadtteil ja auch noch nicht so wahnsinnig alt. Oder hip. Das könnte sich natürlich ganz schnell ändern, wenn die Münchner erstmal merken, das es seinen ganz eigenem Charme  entfalten kann, zwischen fahrenden Trambahnen, Baucontainern und Absperrbittern zu speisen. Jakobsmuscheln an Baucontainer oder Gazpacho vor Betonmischer - wo gibt es das schon?



Man muss schon lautstark auf sich aufmerksam machen, wenn man in der Münchner Gastroszene seinen Platz finden will. Da reicht es nicht, einfach nur gutes Essen zu machen - man muss schon darüber reden. Anders kommt man angesichts von immer noch klaffenden Baulücken und nicht vollständig bezogenen Wohnungen, vor allem im sogenannten Schwabing-Nord auf keinen grünen Zweig. Zusätzlich ist die unerschlossenen Infrastruktur ein Hindernis dafür, eine Stammkundschaft wachsen zu lassen. Mit Aktionen wie dem „Soir Bohème“ versucht das junge Team vom La Bohème gegenzusteuern.

Lauschiges Plätzchen: Terrasse des La Bohème

Die Terrasse wurde dabei zum ersten Mal bespielt, Baucontainern und - gittern zum Trotz. Das Konzept ist so einfach wie schlüssig: Lockere Atmosphäre, cooles Ambiente, erstklassige Küche. Das läuft eigentlich immer, vor allem in München, wo man gerne draußen sitzt, dafür in kulinarischen Fragen auch mal Fünfe gerade sein lässt. Live Musik mit Saxophon und Gitarre, ein DJ sorgt für relaxte Grooves an einem Sommerabend. Soir Bohème nennt sich diese Art der Abendveranstaltung, im Menüpreis von 69,- sind sogar Rot- und Weisswein, Bier und Wasser enthalten. Ein unschlagbares Angebot. Vor allem weil die Menge der Speisen durchaus üppig ausfiel. All you can eat auf französisch.



Für den Menüpreis wird einiges geboten. Mariniertes Sardinenfilets, Ziegenkäsetaschen, Pissaladière, die schon angesprochenen Jakobsmuscheln bilden die Vorspeisen. Gegrillte Dorade, Rinderfilet und Kalbsbackerl kamen zum Hauptgang, ein mit Gasbrennern flambiertes Rind sorgte optisch für großes ‚Hallo‘. Tarte Tatin, Mousse au Chocolat und Kirsch Clafoutis runden das Tafel süss ab. Das ist vor allem schwer französisch und müsste bei der allgemeinen Macron Begeisterung ja eigentlich gut ankommen, dieses kleine bißchen à la française. Und weit genug vom Haidhauser Franzosenviertel ist man ja auch, hier in Schwabing-Nord.



Es gibt Teller zum Teilen, man sitzt an einer langen Tafel, so kommt man ins Gespräch, es soll mehr geben als nur ausreichend zu essen und trinken, es geht um das große Ganze. Wohlfühlen sollen sich die Gäste, nicht mehr, aber schon gar nicht weniger. Manchmal geht es ja auch gar nicht so sehr darum, was da alles aus der Küche kommt, ob es aromatisch die letzten Winkel ausleuchtet, das ganz, ganz große Tellerkunstwerk vor einem steht. Es gibt sie diese Abende, wo es mehr um das gute Leben geht. Und vielleicht sind die Zeiten gerade danach, ein bißchen mehr das Leben zu feiern, ein wenig mehr das unbekümmerte Zusammensein zu zelebrieren. Vielleicht muss der Küchenstil sich im ‚la Bohème‘ noch ein wenig finden, im Moment wird munter ausprobiert. Das funktioniert mal besser, mal nicht ganz so gut. Ähnlich wie beim Service, wo es ab und zu noch einen kleinen Haken gab. Aber engagiert ist das junge Team ganz ohne Frage.




Und spätestens wenn die Bauarbeiter ihre Aufträge erfüllt haben, wird das Schwabinger Tor ganz sicher auch belebtes Zentrum, eine Shopping Mall wird kommen, ein Steak Haus soll auch einziehen. Da ist es taktisch klug, sein Revier mit Aktionen wie dem Terrassen Opening schon vorher abgesteckt zu haben. Seinen ersten Pflock hat das kulinarische Zentrum mit dem ‚La Bohème‘ jedenfalls jetzt schon. 

Tarte Tatin: Seelenfutter zu jeder Zeit


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