WEINRALLYE #99: 1999 und seine Folgen


Manchmal frage ich mich, was ich am Wein mehr mag. Den Geschmack, den Rausch, das Diskutieren mit Freunden über den Wein - oder sind es doch die Geschichten, die ich mit fast jeder Flasche im Keller verbinde und die bei passender Gelegenheit - idealerweise wenn der Wein getrunken wird - zum Besten gegeben werden? Zum Beispiel dieser Riesling von S.A. Prüm aus dem Jahr 1999 ...


Im Rückspiegel war es zu erkennen: Regelrecht hinterhergerannt ist er, der gute Raimund Prüm, als wir uns mit dem Auto von seinem Hof machten. Natürlich haben wir auf seine Rufe und das aufgeregte Winken reagiert und angehalten. Der Grund seiner Aufregung: Tief unten im Teamwagen, unter Stativ, Kamerakoffer und Lichtset verstaut, lag ein 6-er Karton seiner 1999 Graacher Domprobst Spätlese, Fass 26. Gerade mal 100 Kartons gab es von diesem Wein, und, was viel entscheidender war, er sollte versteigert werden. Und nicht ganz profan von einem TV-Heini aus München gekauft und mitgenommen werden. Nach einigen Hinweisen auf die Umständlichkeiten des Ausladens, den Zeitdruck und mein Versprechen nichts gross rumzuerzählen, liess er den Karton wo er war und wir machten uns endgültig vom Prüm'schen Anwesen. 

Ich habe mich jahrelang nicht getraut den Wein anzulangen, immerhin das hatte Herr Prüm erreicht mit seiner Aktion. Schliesslich schien dieser Wein etwas sehr Spezielles zu sein, die Bedeutung des Wortes 'Versteigerung' im Zusammenhang mit deutschen Rieslingen hat sich mir erst sehr viel später erschlossen. Der Karton wurde ganz hinten im Keller gelagert, die Feuchtigkeit hat dem Material im Laufe der Jahre ziemlich zugesetzt, irgendwann purzelten die Flaschen einfach in der Gegend rum. (Dazu muss ich kurz erklären: Es ist ein Natursteinkeller im Oberfränkischen, eigentlich nur ein Gang, der in den Fels getrieben wurde, ohne Regale, Licht oder Fenster und nur gebückt und mit Grubenlampe zu begehen. Luftfeuchtigkeit nahe 100%, perfekt für den Wein, tödlich für Kartons, Kisten und Etiketten) Und weil die Flaschen so unegal herumlagen, habe ich nach 14 Jahren auch mal eine aufgemacht. 

Leider sind keine Notizen vorhanden, ich war schlichtweg zu aufgeregt um an so etwas Profanes zu denken. Ich erinnere mich noch an zarte Süsse, an Petrol, an ein sattes Goldgelb. An wenig Alkohol und an langen Nachhall. Aber das ist natürlich viel zu wenig Information, um einem 1999er gerecht zu werden. Ich weiss nur, dass im Laufe der Zeit immer mal wieder eine Flasche dran glauben musste, gut waren sie alle, erinnerungswürdig aber mehr über die Geschichte der Beschaffung, als durch die Qualität des Weines. Noch zwei Flaschen habe ich von diesem Wein, jedes Mal wenn er mir im zweiten Keller hier in München (Kurzbezeichnung für diesen Keller: 'Handapparat') in die Hände fällt, muss ich an diese Episode denken, meine "nineteenninetynine-story" . Und meine irgendwie illegalen 1999er.

Ach ja bevor ich es vergesse: Das (siehe Foto) ist eine der zwei besagten, noch vorhandenen Flaschen. Sie wird ihr würdiges Leben am Samstag (18. Juni 2016) in der Vintage Selection in München lassen. Damit ich für den 24.6., wenn Weinrallye Zeit ist, auch was zu schreiben habe ...



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