MÜNCHNER BIERINSELN: SAUBER EINGESCHENKT



Wer Erfolg hat, hat am Ende auch immer Recht. So gesehen war der Versuch, das Bier in die Hauptstadt des Bieres, gemeint ist München, zurück zu holen, eine richtige Entscheidung. Aus dem Stand haben sich rund 1.200 Besucher am Samstag (26.07.14) aufgemacht, die 22 Stationen der 1. Münchner Bierinseln zu besuchen. Ein toller Einstand, der hoffen lässt, dass es für die Bierkultur an der Isar doch noch Hoffnung gibt.



Die Idee der Bierinseln ist so einleuchtend wie schwierig: Bringe alle Händler, Brauer und Gastronomen in einer gemeinsamen Aktion zusammen und zeige dem Publikum wie vielfältig, spannend und voller Geschmack die Bierszene abseits der Braugiganten sein kann. Aber ganz so einfach ist es eben nicht. Denn leider sehen sich viele der angesprochenen Händler und Gastronomen in erster Linie als Konkurrenten - und nicht als aktive und wichtige Elemente eines und desselben Anliegens: Das Kulturgut Bier aus der Beliebigkeitsfalle zu holen. Die Bierinseln haben gezeigt, dass es mehr als nur ein Häuflein irrer Bierfans ist, die sich für handwerklich gebrautes Bier interessieren. Vor allem junge Menschen - und hier ausgesprochen viele Frauen - fühlen sich vom anderen Umgang mit dem Thema Bier angesprochen. Bewusster, lustvoller, sinnlicher und weniger rauschhaft. Bier als Genussmittel - und nicht als gesellschaftlich toleriertes Massennarkotikum. Aber das soll es dann auch an inhaltsschwerem Einführen in die Thematik gewesen sein. Denn die Bierinseln haben vor allem eines gemacht: SPASS! 




Das beste Beispiel für den Spass am Craft Beer und den Bierinseln ist Trent Zummallen. Der junge Kalifornier ist in Europa zum Bierfan geworden. Mit 20 Freunden war er den Tag über unterwegs um möglichst viele Locations besuchen und Bier probieren zu können. Bei Getränke Walter in der Frundsbergstrasse, zeigte die Brauerei Riegele wie fachgerecht 'gestängelt' wird, also das Bier mit einem glühend heissen Stab aufgeschäumt wird. Und dadurch eine Art warmer Karamellschaum auf dem Bier entsteht, der dem Ganzen einen unvergleichlichen Geschmack gibt. Besonders das Riegele 'Michaeli', frisch aus dem 50 Liter Fass, war 'gestängelt' eine echte Offenbarung. Fand übrigens auch Trent. 



Überhaupt war der Zuspruch der Besucher für viele Ladenbesitzer überraschend gut. Manuel Danglmayr, Pächter vom Pachmayr in der Theresienstrasse ist bereits um die Mittagszeit mit dem Publikumszuspruch sehr zufrieden: "Des passt", sagt er im besten bayerischen Überschwang, "da sind mehr Leut' gekommen als wir erwartet haben. Die Würstel werden schon langsam knapp." Immerhin ist das Bier nicht ausgegangen. Wäre auch ein echter Verlust gewesen, wenn ich auf das Escalation von Crew Republic aus dem Fass hätte verzichten müssen: Zu den typisch fruchtigen Noten eines Double IPA kommt hier noch eine schöne süsse Note. Sehr kräftig ist das Bier, fast bockig. Aber welch ein herrlicher Trinkfluss! Das läuft runter wie das sprichwörtliche Öl. Ganz grosses Damentennis! 

Das Konzept der Bierinseln noch Möglichkeiten der inhaltlichen Erweiterung. In einigen Biershops zeigten Biersommeliere wie charmant die Kombination von Bier und Speisen sein kann. Sommelier 
Markus Sailer hat einen 'Coffee Porter mit Vanilleeis' kreiert und einen selbstproduzierten Eisbock. Die Initiatorin Nicola Neumann: "Ebenso könnte ich mir vorstellen, dass man noch engagierte Restaurants mit hinzunimmt, die am Abend oder vielleicht auch das ganze Wochenende über Menüs mit korrespondierenden Bieren und Bierkulinarien anbieten."

Und über die Gastronomie hinaus, beeinflusst die Craft Beer Szene auch die Zulieferer. So sind in der Holledau sind die Hopfenzüchter schwer am rotieren. Normalerweise brauchen sie rund 10 Jahre um einen neuen Hopfen zu züchten und zur Marktreife zu bringen. Jetzt schaffen sie es in 4 Jahren, weil der Markt - also die Craft Beer Brauer - so eine enorme Nachfrage nach geschmacksintensivem Aromahopfen produziert. Und damit den Rückgang im Geschäft mit den herkömmlichen Hopfensorten jedenfalls teilweise ausgleichen können.




In der Getränkeoase von Marion und Alex begegne ich zwischen den 400 (!!) verschiedenen Bieren dem Jungbrauer Markus Hoppe. Das trifft in diesem Fall wirklich den Nagel auf den Kopf - Markus hat am Vortag sein Brauer Diplom bekommen, gefeiert hat er also auf den Bierinseln. Noch braut er nebenberuflich, aber das wird in Zukunft eine hauptberufliche Tätigkeit. Seine Hoppe Bräu Biere sind schon länger ein Geheimtipp in der Craft Beer Szene. Aber nicht nur dort: Sein 79-jähriger Grossvater ist mit seinen Spezln jeden Mittwoch zum Schafkopfen auf der Sigritzalm. Und Markus lässt die alten Herren seine Bierkreationen jedesmal probieren. Gnadenlose Testrinker, wie er sagt. Und besonders Craft Beer ist eine tolle Möglichkeit für ihn als Brauer, in direkten Kontakt zum Geniesser zu kommen. "Man kann erklären, was das Besondere an den Bieren ist. Der Kunde ist ganz anders sensibilisiert für das Thema Brauen und Braukunst als der Durchschnittsbiertrinker", sagt er. Dem ist kaum etwas hinzuzufügen. Denn: 
Gibt es ein schöneres Resümee der Bierinseln?

P.S.: Wer auch außerhalb der Münchner Bierinseln in den Genuss von Craft Beer kommen möchte - Nicola bietet regelmäßige Touren zu den Hot Spots der Münchner Craft Beer Szene an ... Infos gibt es hier




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