FLASCHE LEER: FORMEL V - VIOGNIER VON GRAF HARDEGG


Die Rebsorte Viognier ist im Prinzip ziemlich klar verortet. An der Rhône, rund um den Ort Condrieu, hat sie ihr Refugium. Dort ergibt die Rebsorte einen relativ einzigartigen Weisswein, mit wenig Säure, von cremiger Konsistenz. Warum und weshalb sich diese Rebsorte in den äußersten Norden Österreichs, ins Weinviertel, keine drei Kilometer entfernt von der Tschechischen Grenze verirrt hat - keine Ahnung. Aber wie sich die einzelne Flasche Viognier "V" von Graf Hardegg in meinen Keller verirrt hat, das weiss ich noch genau.



Bis heute ist der Viognier in Österreich nicht als Qualitätsrebsorte anerkannt. Das hat sich seit der Pflanzung der Reben 1995 im Steinbügel, direkt hinter dem Schloss der Grafen Hardegg, nicht geändert. Aber natürlich trifft man die Rebsorte mittlerweile in mehr Regionen an, als nur an der Rhône und im Weinviertel. Das die Rebsorte delikate, cremige und füllige Weine ergeben kann, wenn man sie richtig behandelt, hat sich weltweit rumgesprochen.

Peter Veyder Malberg höchstpersönlich hat mir meine Flasche Viognier im Jahr 2004 in die Hand gedrückt. Er war zu der Zeit noch Mädchen für alles auf dem Weingut Graf Hardegg in Seefeld-Kadolz. Und verantwortlich für einen ungeheuren qualitativen Aufschwung aller Weine. Aber besonders gemocht hat er diesen Viognier. Der sogar ein besonderes Barriquefass hatte. Eine der Bodenplatten war aus Kunstoffglas gefertigt, so liess sich genau beobachten, was im Inneren passierte. Das konnte richtig eindrucksvoll sein, denn Peter rührte beherzt den Fassinhalt um, Hefe und Traubenschalen wurden herumgewirbelt, die vorher klare Flüssigkeit wurde milchig trüb. Batonnage nennt sich dieses Verfahren, der Wein soll dadurch fruchtiger und cremiger werden. 




So auch der Viognier "V" aus dem Jahrgang 2003, der über Jahre in meinem feuchten Oberfränkischen Natursteinkeller lag, was den beklagenswerten Zustand des Etiketts und des Seidenpapiers erklärt.

Und was ist da jetzt im Glas? Ein sattes Goldgelb, mit öligen Schlieren an der Glasinnenseite. Und in der Nase: Reife. Des Weins und des Leseguts. Weisser Pfeffer, gelbe Blumen -Tagetes-, und etwas Torf, ähnlich wie bei einem Malt Whiskey. Im Mund erwartet man dann natürlich gelbe Früchte, Mango, Papaya. Aber nix da. Pikante Würze finde ich, eher Blüten als Früchte. Auf jeden Fall ist das sehr dickflüssig, viskos, fast ölig. Aber mit erstaunlich gutem Trinkfluss. Das kann auch an der Salzigkeit liegen, die an den Zungenrändern auftaucht, denn Säure, die hat der "V" nicht. Oder nicht mehr? Denn im Factsheet des aktuellen "V" steht ganz deutlich: " ... gewährleistet eine frische, knackige Säure und auch eine ausgeprägte Aromenvielfalt in den Trauben." Aktuell ist von der Säure in dieser Flasche nicht mehr viel zu spüren, was auch eigentlich typisch für Condrieu=Viognier Weine sein soll. 

Der Mund ist wie ausgekleidet, da muss eine Menge Extrakt sein. Entsprechend lang ist der "V" dann auch im Abgang. 
Eigentlich sollen Weine aus der Viognier Traube nicht länger als 5 Jahre liegen. Ich weiss nicht - der hier ist nach über 10 Jahren immer noch hervorragend beieinander. Das wird mit Sicherheit auch nicht mehr besser, muss ja auch nicht. Ist so für meinen Geschmack: Ziemlich groß. Hat der Peter beim Umrühren im Fass alles richtig gemacht.
Ach ja - und falls der Peter Veyder Malberg diese Zeilen liest: Danke noch mal für die Flasche!



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