SPARGEL LIEBT SILVANER. SCHOLL AUCH
Der alte Pawlow hätte seine helle Freude daran: Sobald die bleichen, phallischen Stangen - genannt Spargel - auf den Märkten der Landeshauptstadt auftauchen, wird der brave Silvaner als kongenialer Begleiter durch die Medien getrieben. Mit der Aktion Spargel liebt Silvaner soll die Kombination von Gemüse und Wein noch bekannter werden, soll mit Rezepten und Aktionen, mit Winzern und Spargelbauern der kulinarische Frühling in München losgehen. Zum Auftakt luden die Macher zum Essen in das Restaurant Alter Hof. Was soll ich sagen: Es gab was zu entdecken!
Es gibt ja durchaus triftige Gründe, warum gerade der fränkische (wie auch der rheinhessische, das sei an der Stelle durchaus nicht verheimlicht) Silvaner so gut zum Spargel passt. Es ist nicht nur die Mineralität der Rebe, es ist vor allem die Säurestruktur, die den Spargel glänzen lässt. Um sich das bestätigen zu lassen, lud die Lordsiegelbewahrerin des Silvaner in München, Susanne Platzer vom Culinaricum Bavaricum, eine Handvoll Journalisten und Funktionäre zum gemeinsamen Mahl. Zehn Silvaner in unterschiedlichen Ausbauformen vom Sekt bis zur Trockenbeerenauslese hatte sie dabei, das Küchenteam vom Restaurant Alter Hof wollte dem nicht nachstehen und schickte 5 anspruchsvolle Spargelgerichte ins Rennen. Schließlich sieht man sich als fränkische Genussbotschafter in München.
Nach einem erstaunlich trinkbaren Cremant vom Silvaner (Winzer Sommerach) sollten zwei Silvaner Kabinett zeigen, was sie mit einem Spargel-Brotsalat anstellen. Vor allem der 2012 Silvaner vom Weingut Manfred Rothe überzeugte mich. Spontinase, goldgelbe Farbe, viel Extrakt. Mit einem Hauch Kaffee, etwas Honig und Zitrone ein perfekter Begleiter zum Salat. Das Roggenbrot im Salat, die Pinienkerne - das fand sich sehr schön auch im Wein. Große Harmonie!
Kein Bild gibt es von der Spargelsuppe mit Sauerampferschaum. Das ist mit meiner Fotokamera schlicht nicht abzubilden. Was bedauerlich ist. Denn die Suppe war ein Traum. In der Küche sind ein junger Chef nebst Sous-Chef am Werk. Wie uns vom Geschäftsführer verraten wurde, stacheln sich die beiden wohl ständig neu an. Zum Segen der Gäste. Nicht das hier schon alles perfekt oder auf Sterneniveau wäre - aber wenn es so wie bei der Suppe läuft, bekommt München eine brauchbare neue kulinarische Adresse!
Der nächste Gang war dann auf ähnlichen Niveau - allerdings musste es es mit einem sensationellen Wein aufnehmen. Den grünen Spargelravioli auf Tomatencoulis mit Nussbutter, wie im Menu angekündigt, fehlte aber leider genau das: die Nussbutter. Stattdessen war ein weisser Schaum als verbindendes Element dabei. Nur wäre die Nussbutter deutlich besser gewesen. Vor allem, weil damit die Harmonie zum Wein perfekt gewesen wäre ...
Denn das hier war die Entdeckung des Abends: ES - Escherndorfer Lump Spätlese trocken 2007 von Egon Schäffer. Was für ein Wein! Hochreifes Lesegut spontan vergoren, die Spontinoten in der Nase sind aber weg nach der Zeit. Viskos und goldgelb steht er jetzt im Glas, Akazienhonig, Brioche mit viel Butter steigen in die Nase. Im Mund ist er cremig und mit viel Extrakt, füllt den gesamten Mundraum aus. Sehr geschmeidig, durch die feinen Säurespitzen noch richtig lebendig. Einfach ein großer Weißwein. Ich bin mir sicher: In einem Meursault Panel als Pirat eingeschmuggelt bringt er so manchen ins Grübeln. Richtig ins Grübeln brachte mich nur Susanne Platzers Anmerkung, dass sie den Wein ziemlich günstig als Restposten erworben habe. Den wollte niemand haben, damals ...
Wenn ich die angesprochene Nussbutter an den Spargelravioli vorgefunden hätte, wäre es ein denkwürdiges Gourmeterlebnis geworden. So waren es ein irrer Wein und ein gutes Essen.
Das wahre Problem kam für mich nach dem ES - obwohl es noch ein GG vom Silvaner gab und eine Spätlese, war es für mich ein 'Abstieg'. Der ES war so überwältigend, dass alles danach profan wirkte. Der Fairness halber erwähne ich deshalb nicht, was es noch so zu trinken gab. Zumal der Hauptgang - gratinierter Spargel im Crespelle Mantel mit Rinderlendensteak - bei mir auch nicht so richtig punkten konnte. Zu einfallslos war die Zusammenstellung
Dafür kam beim Desert wieder Freude auf. Ich konnte mir im Vorfeld nicht vorstellen, wie der wackere Spargel ein raffiniertes Desert ergeben sollte. Aber die kandierten Spargelfäden harmonierten wunderbar mit dem Rhabarber-Erdbeer Kompott. Und Rainer Sauers Silvaner Beerenauslese mit der feinen Säurespitze hüllte das ganze ein, ohne es zu übertünchen. Sehr stimmiges und fantasievolles Finale!
Fünf Gänge, 10 Silvaner. In Summe ein wirkungsvoller Beweis, dass Spargel und Silvaner wirklich miteinander harmonieren wie nur wenige andere Gemüse und Weine. Wer noch ein Rezept für das nächste Spargelessen braucht, kann auch hier nachlesen und nachkochen. Und zum Beispiel mit einem 2012 Mundart Silvaner Kabinett trocken vom Weingut Geiger kombinieren.