NICOLAS FEUILLATTE: CHAMPAGNER FÜR ALLE MEINE FREUNDE!

Deutschland ist in Sachen Champagner nur die N°. 4 in der Welt. Franzosen, US-Amerikaner und die Engländer (!!!) trinken mehr. Gerade mal 14 Millionen Flaschen Champagner flossen im letzten Jahr durch die Kehlen durstiger Teutonen. Was ganz sicher auch der Qualität deutscher Winzersekte und der Beliebtheit spanischer Cava geschuldet sein dürfte. Sicher spielt auch der Preis eine Rolle. Denn der Einstieg in die Champagnerwelt beginnt bei rund 30 Euro. Für den Preis gibt es rund 3 Flaschen der genannten deutschen und spanischen Erzeugnisse. Ob der höhere Einstiegspreis immer gerechtfertigt ist, liess sich in Ansätzen ganz gut bei der Produktpräsentation von Nicolas Feuillatte in München überprüfen.

Das Champagnerhaus Nicolas Feuillatte ist in Frankreich unumstrittener Marktführer was den Absatz angeht. Im Durchschnitt hat jeder Franzose eine Flasche Nicolas Feuillatte im Haus stehen. Ein durchaus respektabler Erfolg wenn man berücksichtigt, dass die Marke erst seit 37 Jahren als Handelsmarke im Markt ist. Auch in England spielt man in der Absatzoberliga mit und rangiert auf Platz 3. Nur in Deutschland hat man das Image eines Geheimtipps. 
Der Stil des Hauses Feuillatte ist eher frisch-fruchtig und weniger von Hefe-Reife geprägt wie bei anderen bekannten Premium-Champagnern aus Epernay. Spötter sprechen sogar von Lifestyle-Schampus. Aber der Chef-Kellermeister David Hénault sagt: "Der Spass am Genuss steht bei uns im Vordergrund. Wenn nach der ersten Flasche Nicolas Feuillatte eine Zweite geöffnet wird, habe ich einen guten Job gemacht". Und der Erfolg der Marke im internationalen Kontext gibt dem guten Mann Recht. 
Soviel zum allgemeinen Vorspiel. Mal ran an die Flasche. Gestartet wurde mit dem 
Blancs de Blancs, 100% Chardonnay. Im Prinzip mag das sicher der richtige Einstieg sein, zum Kalibrieren der eigenen Geschmacksnerven. Blöd nur, wenn dazu Happen gereicht werden, die den Geschmack beeinflussen. Nach dem ersten Schluck - fruchtig, kurz, grüne Trauben - kam ein Apfel mit Speck und roh mariniertem Kraut. Gegen die Süsse des Apfels war der Blancs de Blancs machtlos. Und wirkte ein wenig oxidiert, stumpf, mit wenig Nase. Tant pis - Pech gehabt. Also zur nächsten Flasche ...  (Preis Blanc de Blanc 35 - 40 €)

Champagne Grand Cru Brut Millésimé 2005:  
Das war jetzt schon sehr viel angenehmer. Sehr weinig, die Kohlensäure verhalten und schön feinperlig. Sogar ein Hauch Brioche war zu spüren. Das könnte ein sehr schöner Nach-Dessertwein sein. Wenn es nach Rot oder Süsswein wieder darum geht, etwas Frische an den Gaumen zu zaubern. Der Brut Millésimé wird 6 Monate vor Verkauf dégorgiert ... Ich hatte den Eindruck, dass sich auch unsere Bouteille erst noch auf der Flasche finden muss. Aber schon jetzt gut zu trinken. (Preis: ca. 45 - 50 €)

Weiter ging es mit Millésimé 2002, 100% Pinot Noir. Das Ausgangstraubenmaterial war sehr schön erkennbar. Fruchtig, ein Hauch von Tannin, gut integrierte Säure. Dabei trotzdem eher schlank im Mund, aber sehr nobel ... im Mund könnte er etwas länger sein. Er war schon ziemlich schnell wieder verschwunden. Davon werden zwischen 8.000 - 10.000 Flaschen pro Jahr gemacht. Nicht viel. Was sich im Preis niederschlägt: Auch hier werden je nach Bezugsquelle 45 - 50 € fällig.
Es folgte der erste Höhepunkt im Portfolio Nicolas Feuillattes: Der Palmes d'Or 1999 Brut, blanc: Optisch deutlich zu unterscheiden durch die luxuriöse Flasche im Perlenlook. Sehr edel. Weniger edel: Die ersten beiden Flaschen zeigten deutliche Alterungstöne (Firne), auch ein Hauch Kork mischte sich darunter. Die Suche nach einer Flasche aus einer anderen Charge war nicht erfolgreich. Es wurde dennoch Flasche 3 geöffnet. Hier waren die Alterungstöne nicht ganz so dominant. Aber ein zarter Hauch Firne war trotzdem schmeckbar. Nun gut. Die Nase hatte schon etwas Typisches für gereiften Schampus ... wobei hier eher der Duft von Sauerteigbrot als von Brioche in die Nase stieg, dazu etwas nasses Holz. Eigentlich nicht sehr animierend ... aufgrund der Probleme mit der Charge verzichte ich auf ein abschließendes Urteil. (Preis pro Flasche zwischen 100 - 120 €) 
Die Probleme waren umso ärgerlicher, als die nun folgende Cuvée 225 (wegen des Fassungsvermögens der verwendeten Holzfässer) das genaue Gegenteil präsentierte. Trotz aller Fruchtigkeit ein feiner Hauch von Holz, der von den 3fach belegten Weißweinfässer aus Burgund herrührt. Insgesamt zeigt sich der 225 sehr weinbetont, mit guter Länge, gehaltvoll, körperreich, aber dennoch erfrischend. Die Säure ist fein, trägt ihn schön in die Länge. Bisher der Beste! ( ... und nicht der Teuerste mit ca. 60 - 70 €) 

Zum Schluss versuchte ich dann noch den Brut Rosé: Der war einfach mal schön zu trinken. Unkompliziert. Wird frisch getrunken. Und das finde ich auch...
Fazit: Durchwachsen. Nicolas Feuillatte hat sicher ein großes und für jeden Geschmack passendes Angebot. Mit der Tendenz zur Frucht passt der Champagner auch sehr gut in die Zeit und wird sicher viele Freunde auch in Deutschland finden. Aber: Für ambitionierte - oder traditionelle - Weintrinker kommt er vielleicht doch ein wenig zu populär daher. Das ist beileibe kein Qualitätsmangel, eher eine Stilfrage. Weit schwieriger finde ich die Preisgestaltung. Guter Champagner soll und muss gutes Geld kosten. Keine Frage. Aber ob die Preis-Genuss-Relation wirklich stimmig ist? Ich will nicht in das allzu nahe liegende Geheule pro deutscher Winzersekt einstimmen. Aber wenn ich an Raumland, an Wilhelmshof oder auch Jörg Geiger denke, frage ich mich schon: Wie viel Geld darf ein Produkt-Name wert sein? Ohne den Titel 'Champagner' dürften es viele Produkte aus der Champagne deutlich schwerer haben, für die geforderten Preise auch einen Käufer zu finden. Aber in Sachen Marketing von Traubenprodukten waren manche Weinbauregionen (vgl. Bordeaux oder Barolo) schon immer deutlich cleverer als andere. 

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